Es ist Weihnachtstag, und es ist Viertel nach zwei
Ich kann aufatmen, der Weihnachtsstress ist endlich vorbei
Jetzt gibt’s garnichts mehr zu kaufen, alle Läden sind zu:
Klappe zu, Affe tot, jetzt ist endlich Ruh'!
Ich hab' den Baum im Ständer, die Geschenke eingehüllt
Alle Karten abgeschickt, kurz — alle Pflichten sind erfüllt!
Jetzt bring' ich nur noch so, als kleine Aufmerksamkeit
'Ne Dose Weihnachtskeks zu Müller-Wattenscheidt!
Zu Müller-Wattenscheidt, da führt der Weg mich nun mal genau
Vorbei am Haus von Dr. Zickendraht und seiner Frau
Die hat mir 'ne Autofensterkloroll’nhäkelmütze geschenkt
Und wenn sie nichts von mir kriegt, ist sie zu Tod' gekränkt
Also kling’le ich bei ihr und überreich' ihr gradewegs
Die für Müller-Wattenscheidt bestimmte Dose Weihnachtskeks!
Sie nötigt mich auf ein Glas Persiko und Erdnußflips
Und schenkt mir dann ein selbstgegoss’nes Fachwerkhaus aus Gips!
So, die Zickendrahts sind gut bedient, doch, andererseits
Was schenke ich denn jetzt bloß den Müller-Wattenscheidts?
Die Läden zu, die Kekse weg, der Ofen ist aus
Ach, dann schenk' ich ihnen halt das gips’ne Fachwerkhaus!
Es macht sie glücklich, und sie hängen es auch gleich an die Wand
Loben mein Basteltalent und preisen meinen Kunstverstand
Und schenken mir, so sehr ich mich auch wehre und empör'
'Ne Krawatte und dazu 'ne Flasche Eierlikör!
Mann, jetzt aber nichts wie auf dem schnellsten Wege nach Haus
Da treff' ich vor Zickendrahts doch noch Roswitha und Klaus
Und die drücken mir gleich großzügig 'ne Dose in die Hand:
Und zwar die mit meinem Keks, die hab' ich gleich wiedererkannt!
Also rück' ich schweren Herzens nun auch meine Beute raus:
Die Krawatte kriegt Roswitha und den Eierlikör Klaus
««Frohe Weihnacht» säuseln sie, ««wir müssen weiter, tut uns leid
Wir sind grade auf dem Weg zu Müller-Wattenscheidt!»
Was lehrt uns dieses Gleichnis? Dass auch mit Hinterlist
Geben nun mal seliger denn nehmen ist!